Port Grimaud, Frankreich, Oktober 2022
Port Grimaud, Frankreich, Oktober 2022
Port Grimaud ist ein Ort, der auf den ersten Blick bezaubert. Eine kleine Lagunenstadt mit Kanälen, Brücken und pastellfarbenen Häusern, eingebettet in die Landschaft der Côte d’Azur. Das Wasser glitzert, die Boote schaukeln sanft, alles scheint genau da zu sein, wo es sein soll – weil alles genau da ist, wo es sein soll.
Port Grimaud ist ein sorgfältig inszeniertes Bühnenbild, das visionäre Werk des Architekten François Spoerry. In den 1960er Jahren ließ er ein sumpfiges Küstengebiet trockenlegen und Kanäle ausheben und baute hier eine private Nostalgie-Stadt, eine mediterrane Utopie für Bootsbesitzer, die von einer kleinen heilen Welt träumten.
Inspiriert von den Fischerdörfern der Provence, plante er jedes Haus mit eigenem Bootsanleger und gestaltete die Fassaden in warmen Pastelltönen, mit künstlich verwitterten Dachziegeln und schmiedeeisernen Balkonen – als wäre der Ort über Jahrhunderte gewachsen. Selbst die künstlich angelegten Lagunen wurden so gestaltet, dass sie wie eine natürliche Küstenlandschaft erscheinen.
Mitten in Port Grimaud steht die von Spoerry selbst entworfene Kirche Saint-François d’Assise, eine eigenwillige Neuinterpretation einer provenzalischen Dorfkirche. Ein wuchtiger gelber Fremdkörper aus grobem Beton, minimalistisch, modern und zwei Nummern zu groß. Es ist ein beeindruckender Bau, durchdacht in seiner Schlichtheit, aber in dieser Umgebung letztlich auch nur Teil der Inszenierung.
Spoerrys Idee war visionär, und architektonisch ist Port Grimaud gelungen. Eine perfekt inszenierte Idylle. Man kann hier flanieren, über die Brücken schauen, die teuren Boote bestaunen. Aber am Ende bleibt das Gefühl, nicht durch eine Stadt zu gehen, sondern durch eine Kulisse. Alles ist sauber, gepflegt, charmant. Und vollkommen seelenlos.


























